Splish Splash im EU-Parlament

Viel Wasser ist den europäischen Bächen hinunter geflossen, bis - seit ihrer Schaffung 2009  - endlich eine  EU-Bürgerinitiative erfolgreich durchgeführt wurde. Erfolgreich in dem Sinne, dass die notwendige Million an Stimmen gefunden wurde. Erst dann kommt es zu einer Anhörung im EU-Parlament, erst dann muss die Kommission dieser Anhörung beiwohnen und mit einer Mitteilung darauf reagieren. Ich bin gespannt, welche Wogen dieses Begehren tatsächlich auslösen wird.

Heute Nachmittag fand die erste parlamentarische Anhörung einer Europäischen Bürgerinitiative in Brüssel statt. In etwa 8 Monaten sammelte die Initiative mehr als 1,8 Millionen Unterschriften zum Thema #Right2Water. Ich habe die Anhörung teilweise dank tollem Livestream mitverfolgt. Ihre Forderungen stellt die Initiative via Video dar:




In diesem Beitrag möchte ich nur am Rande die Inhalte der Initiative vorstellen. Da die Anhörung sehr vielfältige Themengebiete umfasst, fehlt mir die fachliche Kenntnis, um alle Argumente hier bewerten zu können. Ein paar der Kritikpunkte kann ich aber durchaus nachvollziehen: Veraltete Infrastrukturen, fehlende Investitionen seitens der Kommunen (und natürlich der Regierungen), aber vor allem die Ängste der Menschen vor einem "Ausverkauf" des Grundnahrungsmittels Nummer Eins . Ich verstehe auch den Zorn in Südeuropa, wo unzählige Wohnungen ohne Wasser sind, weil das Geld für die Rechnungen fehlt. Die Bevölkerung wirft der TROIKA die Austrocknung ihrer Heimat vor. Und der geforderte Wasserzugang ist hier natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
In vielen Bereichen erwarte ich wenig Gehör (vor allem Seitens der Kommission) für die Forderungen.




Twitpic von MEP Matthias Groote (@Groote)


Denn das große ABER bei der ECI ist die Kritik an der Wirkungskraft. Zwar ist die Kommission verpflichtet, auf die Fragen und Anregungen der Bürger ausführlich zu reagieren, doch konkrete Änderungen muss sie nicht vorlegen. Die eigentliche Macht hinter der ECI steckt in der Aufmerksamkeit bzw. im Agenda-Setting für die Belangen der Bürger. Die lahme Berichterstattung heimischer (österreichischer) Medien zeigt allerdings, wie gering diese Aufmerksamkeit - selbst im EP-Wahljahr - leider ist.

Wie auch immer die Reaktionen der Kommission auch ausfallen mögen: mit den Unterschriften schreiben 1,8 Millionen Menschen europäische Geschichte. Denn ein Volksbegehren kann es folglich nur geben, wenn sich Hunderttausende ihrer Partizipationsrechte als Europäer bewusst werden. Die heutige Anhörung ist also für die Geschichte der EU ein historisches Ereignis.


Wie funktioniert die EU-Bürgerinitiative eigentlich?


Im Vertrag von Lissabon wurde diese neue Form der Bürgerbeteiligung eingeführt. Die Organisatoren der Europäischen Bürgerinitiative (ECI) müssen ein Komitee gründen, das aus mindestens sieben Personen aus mindestens sieben EU-Mitgliedsstaaten bestehen soll. Das Komitee wählt ein/n Präsidenten/in als Vertreter und Sprecher und muss sich bei der Kommission registrieren. Innerhalb eines Jahres müssen sie mind. 1 Million Unterschriften sammeln. In mindestens 7 Mitgliedsstaaten muss eine Mindestzahl gesammelt werden. In Österreich sind 14.250 Unterschriften nötig. Für #right2water wurden etwa 60.000 gesammelt. 

(Quelle: Zur Verordnung über die ECI: REGULATION (EU) No 211/2011 OF THE EUROPEANPARLIAMENT AND OF THE COUNCIL,  (2011)) 

Die folgende Grafik zeigt den langen Weg der Organisatoren bis zur heutigen Anhörung.



Kommentare