Braune Fäden und okkupierte Gedanken


Ein Faden zieht durch Österreich. Seit Jahrzehnten streift er durchs Land, verheddert sich in den freien Gedanken der Menschen und schnürt ihnen die Kehlen zu, damit sie nicht sagen, was falsch läuft. Wo der Faden beginnt, kann heute keiner mehr sagen. Hie und da verdickt er sich zu einem Strang. Dort stehen Menschen, die an ihn anknüpfen, ihn durch Unwissenheit oder schlichter Bosheit stärken. Er reicht von einer idyllischen Kärntner Alm, über einen kleinen Touristenort im Salzkammergut bis ins neugotische Kirchenschiff in der Bundeshauptstadt. Dort spannt er sich eng um die Mägen der Hungerstreikenden, damit sie  nicht mehr klagen können. Dennoch harren sie aus und glauben, den Fängen zu entkommen. Sie wissen: Weil sie vom Staat nicht viel bekommen, haben sie nicht mehr viel zu verlieren. Nur ihr Leben. Darum sind sie hier. Das macht sie zur Gefahr. Was sind das bloß für Menschen, die in ein fremdes Land kommen und glauben, auch noch etwas verlangen zu können? Die sich ihre Ärzte, Dolmetscher, ja selbst ihr Essen aussuchen wollen? Sollten sie nicht froh und zufrieden sein, sich still halten und auf Gerechtigkeit hoffen? Oder haben sie etwa mehr Rechte als ein arbeitender Bürger, der hier geboren ist und der sich auch keine tollen Ärzte leisten kann? Der seinen Kantinenfraß vorgesetzt und seine Steuer zwar erklärt, aber nicht zurück bekommt? Ist es nicht furchtbar kompliziert, sich damit gerade zu Weihnachten zu beschäftigen, wo man doch selbst mit eigenen Reklamationen und Vorsätzen beschäftigt ist? Der Faden zieht unbemerkt seine Bahnen, legt sich eng an das eigene Schicksal, schnürt Fremdes ab und hüllt das Herz in schützende Taubheit. So schläft es sich besser. So verklingt der Ärger. So verliere ich den Faden. Oder auch nicht



Worum geht's eigentlich?



Blog des refugeecamps im Votivpark/Wien

Heutiger Kommentar von Florian Klenk (Falter) zum camp


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