"Ohne Angst und ohne Dummheit"
So schnell ist man also weg vom Fenster.
Das denken sich wohl viele Mütter, sobald ihre Karenz beginnt und sie merken, dass jemand anderes auf ihrem Bürosessel Platz genommen hat. In meinem Fall war der Sessel zwar alt und das Fenster schlecht isoliert, aber nichtsdestotrotz saß ich davor jahrelang mal mehr, mal weniger begeistert auf meinem Platz, um Publikationen zu redigieren, Texte zu schreiben oder Veranstaltungen zu organisieren.
Im März 2023 tauschte ich den IDM-Kosmos gegen eine gänzlich neue Realität. Wer es erlebt hat, weiß: Das Mutterwerden fühlt sich wie eine Renaissance an, wenn auch eine mit verzögerten Folgewirkungen. Nun schob ich statt Deadlines einen überteuerten Kinderwagen vor mich her, recherchierte nächtelang zu Ernährungs- und Verdauungsfragen und koordinierte Arztbesuche statt Erscheinungstermine. Wie im Arbeitsleben wächst auch hier mit der Zeit die Gelassenheit gegenüber vermeintlichen oder echten Krisen. Sichtlich müder als vor eineinhalb Jahren, aber weiterhin begeistert und um neue Perspektiven reicher, kehre ich nun zurück an mein zugiges Altbaufenster im 9. Bezirk.Autor*innen, Kooperationspartner*innen und Kolleg*innen dürfen mich dort wieder besuchen und erhalten eine verlässliche Antwort auf E-Mails. Vielleicht reicht die Motivation auch für den ein oder anderen neuen Blogeintrag. Aber seien wir uns ehrlich: So ein Wiedereinstieg ist kein Kinderspiel. Kompromisslose Vereinbarkeit ist nach wie vor eine Illusion, die sich, wenn überhaupt, vorwiegend Männer leisten können. Und überhaupt ist mir mein Stehtisch im Homeoffice in den letzten Monaten sehr ans Herz gewachsen. Wer also lieber im Wienerwald Ideen für Publikationen und Projekte bespricht, ist im 14. Bezirk herzlich willkommen. Von dort aus gebe ich vielleicht auch wieder das ein oder andere Interview. Denn Ungarns Premier gehört zu einer von vielen Kontinuitäten, die sich über meine Elternzeit gerettet haben. Auch in diesem Fall bleibt auf die oft strapazierte Zeitenwende zu hoffen.
Den passenden Song zum neuen Lebensabschnitt will ich euch nicht vorenthalten. Gibt's denn ein schöneres Ziel als für eine Welt zu arbeiten, in der es ein bisserl weniger Angst, Dummheit und Hochmut gibt?
Kommentare